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© © Seeoner Häusergeschichten

„Grundherr war bis 1803 das Kloster Seeon“

so steht es auf sämtlichen Hoftafeln rund um den See. In rein wirtschaftlicher Hinsicht kann die Beziehung zwischen dem Grundherrn und seinen Grundholden am ehesten und vereinfacht mit einem Pachtverhältnis verglichen werden. Je nachdem, ob das jeweilige Gut auf Freistift, Neustift, Leibrecht oder Erbrecht vergeben wurde, gingen die Rechte des Hofinhabers (Nutzeigentümer) gegenüber dem Grundherrn (Obereigentümer) über ein reines Pachtverhältnis hinaus. Ursprünglich wurde das Nutzungsrecht vom Kloster Seeon in den Orten Niederseeon, Strass, Weinberg, Bräuhausen und Sandgrub zwar auf Neustift vergeben, spätestens Mitte des 18. Jahrhunderts war das Kloster aber offenbar zu einer Vergabe auf Leibrecht übergegangen (Franz Steyrer, der letzte Klosterrichter, spricht rückblickend übrigens auch von einem „Leihkauf“). Hier wurde das Nutzungsrecht auf Lebenszeit des „Pächters“ verliehen und neben dem erstmaligen Abschluss verlangte das Kloster auch beim Wechsel in der Person des Grundholden, zum Beispiel bei Tod oder Übergabe, eine Gebühr, ein sogenanntes Laudemium. Für das ihm eingeräumte Nutzungsrecht musste der Hofinhaber jährlich Abgaben in Form von Geld (Stift) und Naturalien (Gilt) sowie Dienste (Scharwerk oder Küchendienst) ans Kloster leisten.

Mit der Säkularisation im März 1803 ging das Grundeigentum auf den Bayerischen Staat über, der nur einige Monate später per Verordnung die Ablösung vom Obereigentum gegen entsprechende Geldzahlungen ermöglichte.

Hiervon machte in Seeon am 16.09.1806 als erster der von Obing zugezogene Joseph Ambs, Besitzer des Sattler Hofes (jetzt Altenmarkter Straße 5), den er ein Jahr zuvor erworben hatte, Gebrauch. Das Verhältnis zwischen dem Wert des Nutzungsrechtes (Untereigentum) und der Höhe der Ablösesumme für das Obereigentum veranschaulicht Folgendes: Für den Hof einschließlich des Rechts, darin eine Sattlerei und einen Kramerladen zu betreiben, hatte Ambs 900 Gulden bezahlt und für die Ablöse des Obereigentums 200 Gulden. Schon bald darauf und noch vor der Aufnahme des Ur-Katasters 1810 taten es ihm die Besitzer des Kramer- (jetzt Seestraße 2) und des Pernhamer Hofes (jetzt Weinbergstraße 24) gleich. Mit der Grundreform (Abschaffung der Untertänigkeit von Grund und Boden) 1848 wurde das „Obereigentum“ endgültig abgeschafft.

 

Was bedeutet „…ein ¼ Hof, 1/16 Hof…“ oder welche Bauern waren die größten am Ort?

Diese kurze Angabe eines Bruchteils hat es in sich! Sie hängt mit dem Hoffuß-System zur Erhebung der landesherrlichen (kurfürstlichen) Steuern zusammen, wobei „Fuß“ im Sinne von „Maß“ zu verstehen ist. Das System hat sich seit Anfang des 18. Jahrhunderts in den amtlichen Verzeichnissen gegenüber einer älteren Güterklassifikation anhand der Begriffe Maierhof, Hube, Lehen, (Bau-, Leer-)Sölde und (Leer-)Häusl durchgesetzt. Bei dieser richtete sich die Abgabenlast nach dem Scharwerkswesen, das heißt ob mit 4, 2 oder 1 Pferden oder mit Handarbeit gefront werden musste. Was der Hoffuß denn eigentlich misst, ist bis heute nicht befriedigend geklärt. Es fehlt(e) tatsächlich an einem Umrechnungs-Schlüssel oder an einer Referenz-Größe, was einen ganzen Hof ausmacht, wie viel Grund und Boden mindestens nötig war und welchen Ertrag er abwerfen musste. Im Endeffekt handelt es sich um eine abstrakte Rechnungsgröße, eine Abgabenproportion und nichts anderes als eine sehr grobe Einteilung der Leistungsfähigkeit eines ländlichen Anwesens.

Die Bestandsaufnahme nach dem Ur-Kataster und der Besitz-Fassion, beide 1810 erstellt, ergibt für die 68 Anwesen der Orte Niederseeon, Strass, Weinberg, Bräuhausen, Sandgrub folgendes Bild:

Acht waren als ¼ Höfe (Tafern Wirth, Ambrosen, Kurzen, Uelshammer, Bärtl und Reiter, Prosten, Rabender, Schrolln), vier als 1/8 Höfe (Oberdicker, Brunner sowie die abgegangenen Höfe Pfälzer und Hanßlschmidt), dreiundzwanzig als 1/16 Höfe, einunddreißig als 1/32 “Höfe“ und vier als halbe 1/32 bzw. 1/64 „Höfe“ (Bärtl, Rothbart, Marstaller, Haitzer Häusl) klassifiziert.

Vollerwerbslandwirte waren in den genannten Orten jedenfalls die ¼ Höfe, wohl auch die 1/8-Höfe, wobei nur beim Kurzen und Bärtl Hof in der Güterkonskription von 1752 eigens „Paur“ vermerkt ist. Beachtet werden müssen aber auch die Besitzhäufungen in Form der sogenannten Zubau Güter, wobei Zubau nicht als Zuhaus oder Haus in unmittelbarer Nähe verstanden werden darf sondern als zusätzlicher landwirtschaftlicher Betrieb in der Hand eines Besitzers. So gehörte zum Tafern Wirths Hof der Ambrosen Hof, zum Bärtl das Binder- oder Reitergütl, zum Pfälzer der Brodschneider, zum Schroll der Hanßlschmidt, zum Metzger der Weisprunner; zum Fridlschmied der Böckenschneider und zum Oberdick der Prängl Hof.

Das Ur-Kataster enthält ferner Tabellen, die interessant sind, weil ihnen das oben angeführte Schema der Fähigkeit, Scharwerksdienste zu leisten, zugrunde lag und gleichzeitig zu den jeweiligen Höfen und Häusl dessen Hoffuß notiert wurde.

Als „Große Güter“ wurden nur der Tafern Wirths Hof und der Schrolln mit Hanßlschmidt Hof qualifiziert, als „Mittere Güter“ der Kurzn, Uelshamer, Bärtl und Reitter Hof und als „Kleinere Güter eigenes Einspann“ der Pfälzer zusammen mit Brodschneider , Metzger mit Weisbruner , Oberdicker mit Prängl und Brunner Hof.

Dass sämtliche Inhaber dieser Höfe Scharwerksdienste mit Pferden leisteten, stimmt mit der Beschreibung in der Besitz-Fassion von 1810 überein, wonach zu den besagten Anwesen jeweils ein Pferdestall gehörte. Pferde hielten aber auch der Metzger, Fridlschmied, Bräuhauser, und Zollner Hof.

Danach folgen die zahlreicheren mit 1/16 Hoffuß angegebenen „Größere Sölden, aber immer noch keine eigene Einspann“ (u.a. Fridlschmied, Wagner, Mesner, Metzger, Hazschuester, Uelbinder, Zollner) und die mit 1/32 Hoffuß angegebenen „Söldner mit ganz unbedeutenden Besitzungen“, die in früheren Zeiten noch mit Hand und Schaufel Scharwerksdienste leisteten, später jedoch anstatt dessen Geld stiften mussten.

Die großen Güter befanden sich also mit Ausnahme der beiden Höfe und des Kloster eigenwirtschaftlich betriebenen Maier-Hofes nicht in den Dörfern bzw. der Tagwerker-Siedlung rund um den See sondern in den Orten außerhalb (zum Beispiel 4 große Güter allein in Roitham).

Am aussagekräftigsten, was die Größe betrifft ist, wohl eine in den Tabellen angegebene Schätzung des Wertes der landwirtschaftlichen Betriebe.

 

Bausubstanz

Im Ur-Kataster von 1810 wird erstmals für Zwecke der Besteuerung eine genauere Beschreibung der Gebäude und der dazugehörigen Wiesen und Äcker gegeben. Hieraus werden die Beschaffenheit der Wohnhäuser, Werkstätten und Wirtschaftsgebäuden ersichtlich.

Man muss sich vergegenwärtigen, dass im Laufe des 19. Jahrhunderts rund um den See zwar nur 3 bis 5 Gebäude zusätzlich errichtet wurden aber eine umfassende Wandelung der Bausubstanz stattgefunden hat, sei es infolge eines kompletten Abrisses von Gebäuden verbunden mit einer Neuerrichtung an selber Stelle oder sei es infolge umfangreicher Aus- und Anbauten. 1810 waren von 58 Anwesen noch rund 50% aus Holz, genauer 20 Anwesen „ganz“ hölzern (wohl Blockbauten) und 7 Anwesen „hölzern“, wobei unklar ist, was die Unterscheidung hier ausmacht. 1 Anwesen war „halb hölzern“ und 7 Anwesen „halb gemauert“. Vermutlich war bei den „halb hölzern“ Anwesen der hölzerne Anteil dominierender und bei den „halb gemauerten“ Anwesen der gemauerte Anteil. „Ganz gemauert“ bzw. „gemauert“ waren nur 7 Anwesen, immerhin 14 Gebäude waren „ein Gaden hoch“ (dies bedeutet hier ein Stockwerk hoch) gemauert. Die Unterscheidung zwischen „halb hölzern/ halb gemauert“ einerseits und „ein Gaden hoch gemauert andererseits

deutet darauf hin, dass bei den „halb hölzern“ und „halb gemauerten“ Anwesen jeweils nur 2 Wände aus dem angeführten Material bestanden. Beim Kramer Hof war das Wohnhaus ganz aus Holz und der Laden gemauert, beim Tischler Hof (jetzt Neuwirt) ebenfalls das Wohnhaus ganz aus Holz und der dazu gehörige Brod- und Branntweinladen gemauert.

Dagegen abgetragen und nicht wieder aufgebaut wurden der Reiter Hof (dieser befand sich beim Maibaum), der Weisbrunner (ungeklärt), der Hanßlschmidt Hof (Weinbergstraße 4 zwischen Wohnhaus und Garagen), der Pfälzer (hinter dem Rabender Anwesen), der Ambrosen (in Nähe Rosenbichlweg 9), die halben Bärtl und Rothbärtl Häusl am Weinberg (in den Hang gebaute Nebengebäude des Anwesens Weinbergstraße 80) und der Pränkl Hof (auf dem vor dem Anwesen Seestraße 70 in Richtung See abzweigenden Feldweg).

Bauherr der Anwesen ist möglicherweise zumindest in frühen Jahren sogar das Kloster selbst gewesen. Davon zeugen auch die klösterlichen Eigenbetriebe, die Ziegelei in Rabenden und die eigene „Bünderei“ am See gegenüber dem Maier Hof.

 

Geldwerte:

Während der Karolingerzeit waren die Geldwerte Schilling und Denar, d.h. der Silberpfennig, gebräuchlich: 1 Schilling = 30 Denare.

Größere Mengen des Pfennigs (denarus; abgekürzt dn.) waren der Schilling (solidus; abgekürzt ß) und das Pfund (libera). Als kleinste Münze gab es noch den halben Pfennig (obolus). Diese mittelalterliche Währung wurde etwa um 1000 bis um 1506 folgendermaßen gerechnet:

1Pfund Pfennige = 8 Schillinge (ß)

= 240 Pfennige (dn)

= 480 Halblinge

1 Schilling (ß) = 30 Pfennige (dn)

Zur Bezahlung größerer Summen bediente man sich auch geprägter Silberbarren, der Mark (marca), die dem Silbergehalt eines Pfunds Pfennige entsprach. Denselben Wert hatte auch das Talent (talentum).

Seit dem 14. Jahrhundert gelangte der zunächst nur in Florenz geprägte Gulden (florenus; abgekürzt fl.) in die Länder des Deutschen Königreiches. Von 1506 (Münzreform des Bay. Herzogs Albrecht IV.) bis 1873 (Einführung der Mark) galt folgende Umrechnung:

1 Gulden (fl.) = 210 Pfennige (dn.) = 7 Schillinge (ß)

Von 1557 bis 1873 war diese Währung noch um den Kreuzer (Kr. Oder X.), und ungefähr seit 1600 um den Heller (H.) erweitert:

1 Gulden (fl.) = 60 Kreuzer (X.)

1 Kreuzer = 8 Heller (H.)